Vorweg: Jan Winking hat beim 1. FC Bocholt einen guten Job gemacht. Er hat die Mission erfüllt: der FCB ist in die Regionalliga aufgestiegen und das trotz eines zwischenzeitlichen Acht-Punkte-Rückstandes auf die SSVg Velbert. Klar: Auch ein Verdienst des Trainers.
Und: In 51 Spielen erreichte Winking als Bocholt-Trainer einen Punkteschnitt von 2,37 Zählern pro Partie. Überhaupt verlor er nur sechs Pflichtspiele. Demgegenüber stehen sieben Remis und 38 Siege! Winking verabschiedet sich mit einer fabelhaften Statistik vom Hünting.
Dass der 26-Jährige - der jüngste Trainer aller Regionalliga-Übungsleiter - dennoch nach nur drei Start-Niederlagen entlassen wurde, hat aber auch Gründe. Bekanntlich sind die Oberliga und Regionalliga nicht zu vergleichen.
Ein Eigentor schoss sich Winking vor wenigen Tagen, als er nach dem Düsseldorf-II-Spiel (1:2) über Fitness-Probleme bei seiner Mannschaft sprach. Ein klassisches (Trainer-) Eigentor. Ein schlechtes Alibi.
In der Branche ist man sich einig: ein Trainer darf, auch wenn er so denkt, so etwas niemals öffentlich sagen. Immerhin ist er seit dem 1. Mai 2020 für die Mannschaft verantwortlich. Daraus wird Jungspund Winking im Nachhinein seine Lehren ziehen.
Ein weiterer Punkt, der Winking den Job kostete: er verlor aufgrund mangelnder Kommunikation mit seinen Schützlingen die Kabine. Fatal für einen Trainer. RevierSport erfuhr aus Kreisen der Bocholter Mannschaft, dass Winking zuletzt sehr in sich gekehrt war, kaum mit den Spielern sprach. "Ich habe mit dem Trainer eigentlich noch nie ein Fünf-Minuten-Gespräch geführt. Dabei gehöre ich zu den erfahrenen Spielern, die wissen, wie die Regionalliga funktioniert", berichtet ein Bocholter Spieler gegenüber RS.
Zuletzt fehlte nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Struktur im Spiel - und: noch wichtiger: das Feuer. Von Aufstiegseuphorie war seit dem ersten Spiel gegen Düren wenig zu spüren. Auch ein Punkt, der den Verantwortlichen keine andere Wahl ließ, als Winking von seinen Aufgaben zu entbinden. Zwei schlechte Leistungen gegen Düren (1:3) und Düsseldorf (1:2) sowie eine blutleere Vorstellung in Münster (0:5) waren dann doch zu viel für die Bocholt-Chefetage.
Klar: Die Winking-Befürworter werden jetzt fragen, warum ist er dann mit der Mannschaft aufgestiegen? Die Antwort: Bei dieser hohen Qualität für die Oberliga muss man die Jungs vorwiegend bei Laune halten. Das hat er offenbar geschafft, denn sonst würde man auch in Liga fünf diese Bilanz nicht hinbekommen. Hierbei haben natürlich die vielen Siege für gute Stimmung gesorgt. Wobei es auch schon in der Oberliga-Aufstiegssaison im Bocholter Innenleben das eine oder mal gebrodelt haben soll.
Kurzum: es passte schon seit längerer Zeit nicht mehr zwischen Trainer und Team. Er verlor erst die Kabine und nun auch seinen Job. Der "Julian Nagelsmann der Regionalliga" ist Geschichte - auch aus diesem Vergleich wird Winking, der mit 26 Jahren erst am Anfang seiner Trainerzeit steht, sicherlich lernen. Dass er kein schlechter Coach ist, dafür genügt ein Blick auf seine Bilanz. Denn Zahlen lügen bekanntlich auch nicht.